Das Phänomen, dass man Räume nicht mehr betreten, Briefe nicht mehr öffnen und an diverse Orte nicht mehr hingehen kann, kenne ich. Mir ist auch der vom griechischen Wort „phobos“ hergeleitete Begriff „Phobie“ bekannt. Trotzdem möchte ich nicht Phobiker genannt werden – auch dann nicht, wenn ich am Morgen am liebsten unter der Bettdecke bliebe.
Mein psychisches und seelisches Befinden betrachte ich als private Angelegenheit. Ich weiss zwar, dass es hilfreich wäre, wenn ich darüber sprechen würde. Menschen, die mir wichtig sind, möchte ich mit meinen Sorgen aber nicht belasten. Jemand der sich nicht für mich und nur für sich selbst interessiert, ist hingegen ohnehin kein Gesprächspartner. Ich selbst bin es aber immer, wenn mir jemand seine Ängste offenbart. Das Zuhören und Ratgeben ist mir stets leicht gefallen. Das Umgekehrte funktioniert hingegen nicht. Vielleicht verhindert ja Scham die notwendige Offenheit.
Mit menschlichen Empfindungen habe ich mich während Jahrzehnten intensiv beschäftigt, weil ich sehr, sehr oft Ratgeber und Tröster sein durfte. Gewisse Gefühle verstehe ich aber erst, seit ich sie selbst empfunden habe. Depressionen gehören in diese Kategorie. Wer nie darunter gelitten hat, darf sich kein Urteil über die darunter Leidenden bilden. Ein Mann kann ja auch nicht real empfinden, wie stark die Geburtsschmerzen einer werdenden Mutter sind. Das habe ich an anderer Stelle schon einmal geschrieben, weil ich erklären musste, weshalb ich vor Jahren als damals noch Depressionsunerfahrener die Leidenden als „Weicheier“ empfunden habe. Ich schäme mich noch heute für meine damaligen Ansichten. Vielleicht ist es sogar ausgleichende Gerechtigkeit, dass ich mittlerweile eigene Depressionserfahrungen gemacht habe.
Wenn ich den vorstehenden, blitzschnell getippten Text lese, weiss ich bereits nicht mehr, was ich damit sagen will. Deshalb brauche ich eine Schlussfolgerung. Hier ist sie:
In diesem Sinn blicke auch ich, wie das oben stehende Bild zeigt, der Zukunft mit offenen Augen entgegen.