Wenn umgangssprachlich davon die Rede ist, dass jemand „kein Brot“ hat, meint man, dass diese Person in einer bestimmten Situation chancenlos ist. In diesen Zeiten passt „kein Brot“ sehr gut zu Aldi, Coop, Lidl und Migros. Diese Discounter bieten neuerdings den 500-Gramm-Laib für rund einen Franken an.
Brot kritisiere ich nur ungern – schliesslich gibt es Millionen von Menschen, die hungern und für ein Stück Brot alles tun würden. Ich vergesse auch nicht, dass viele Haushaltsbudgets sehr knapp bemessen sind und kaum für das Nötigste reichen. Trotzdem erlaube ich mir, aus meiner Perspektive zu erklären, warum das neue Billigbrot der genannten Läden gegenüber der traditionellen Backkunst chancenlos ist.
Aldi, Coop, Lidl und Migros bleiben mit ihrem Produkt wirklich „brotlos“, wenn man es mit einem Qualitätsbrot vom echten Bäcker vergleicht. Und hier beginnt mein Problem: Wenn die echten Bäckereien ihre Kundschaft verlieren, weil die Discounter mit einem billig produzierten Brot, das sie querfinanzieren, Käufer in ihre Läden locken! Was bereits viele Branchen – etwa Apotheken – betrifft, erreicht nun auch die Bäckereien: Man kauft dort, wo es am billigsten ist. Dabei geht aber der Geschmack verloren.
Das Geschmackvolle wird vergessen, und das Geschmacklose wird zum Standard. Wir Konsumenten dürfen uns nicht wundern, wenn es bald keinen Fach- und Detailhandel mehr gibt. Wir haben es in der Hand, ob das geschieht oder nicht.
Es geht nicht nur darum, dass hochwertige Produkte bald verschwinden könnten. irgendwann werden auch Unbelehrbare merken, wie sehr unser Alltag verarmt, wenn wir nur noch eilig und bargeldlos mit Selfscanning im Supermarkt oder ausschliesslich im Internet einkaufen. Natürlich bleibt die Einkaufsfahrt ins grenznahe Ausland auch keine Alternative, denn sie ersetzt keine lokale Vielfalt.
Ich wünsche mir, dass Apotheken, Bäckereien und Metzgereien in Gehdistanz zu meinem Zuhause erhalten bleiben. Dem dort tätigen Personal möchte ich meine Wertschätzung zeigen und mit meinen Einkäufen dazu beitragen, seine Arbeitsplätze zu sichern. Dann muss ich später auch nicht das Fehlen dieser Einkaufsmöglichkeiten beklagen.
Überheblich sollen meine Worten nicht wirken. Für Menschen mit knappem Budget ist das günstige Brot selbstverständlich wichtiger als die Weiterexistenz der Dorfbäckerei. Wer es sich allerdings leisten kann, Gutes zu kaufen, soll auch Gutes tun und in der Dorfbäckerei, beim Metzger im Dorf oder in der nahen Apotheke einkaufen. Mindestens solange, wie es solche Einkaufsmöglichkeiten noch gibt...
