Erinnerung an Bally und Werner K. Rey
Weil in diesen Tagen ein neues Buch über die Geschichte des einst glanzvollen Modeunternehmens Bally erscheint, erinnere ich mich auch wieder an das Wirken des Finanzjongleurs Werner K. Rey. Dieser erschütterte um 1980 herum die Geschäfts- und Finanzwelt mit wilden Spekulationen und strafrechtlich relevanten Aktivitäten. Der von ihm angerichtete Schaden war immens.
Wenn ich an Werner K. Rey zurückdenke, verstehe ich noch immer nicht, weshalb dieser Mann – allen Unkenrufen zum Trotz – so lange wüten konnte. Es fehlte damals keineswegs an mahnenden Stimmen. Doch viele einflussreiche Männer (an beteiligte Geschäftsfrauen kann ich mich nicht erinnern) wollten sich offenbar im vermeintlichen Glanz des Rolls-Royce-Fahrers sonnen.
Ein ähnliches Muster zeigte sich auch im Fall Benko. Mahnrufe verhallten ungehört, weil sich Geldgeber als glitzernde Benko-Fans mitinszenieren wollten. Und das eigene Portemonnaie mussten sie dazu nicht einmal benutzen – schliesslich konnten sich Benko-geblendete Banker am Füllhorn staatsgarantierter Institute bedienen.
Warum hört niemand auf die Warner?
Ich will mich gar nicht weiter mit Rey und Benko befassen. Die Frage, die mich seit Jahren beschäftigt, lautet: Wie kann man erreichen, dass die Mahnungen bedachtsamer Menschen gehört werden und nicht vom Pseudoglanz der Hochstapler überdeckt bleiben? Ich denke dabei nicht an amerikanische Exzesse, sondern an das schweizerische Binnenklima der Eitelkeiten, das genug Stoff bietet.
Ein Beispiel: jener Mann aus dem Zürcher Oberland, den seine Partei – allen Warnungen zum Trotz – als Bundesratskandidaten nominierte, bis er in letzter Minute seine Ambitionen begraben musste. Nicht im Bundeshaus, aber in einem anderen, sehr geschlossenen Gebäude fand er schliesslich seinen Platz. Auch bei einem ehemaligen Bundesrat aus derselben Region wurden Warnsignale überhört. Heute dürfen wir nachträglich zur Kenntnis nehmen, wie bedenkenswert sie gewesen wären.
Selbstüberschätzung als Schadensursache
Oft ist es nicht einmal kriminelle Energie, sondern Selbstüberschätzung, die Schaden anrichtet. Ein aktuelles Beispiel ist das GZO-Spital in Wetzikon, das durch einen unfähigen, orientierungslosen Verwaltungsrat an den Rand des Ruins mit einer Verschuldung im dreistelligen Millionenbereich geführt wurde. Den Schaden müssen jetzt neue Kräfte ausbaden. Ihnen ist Erfolg zu wünschen.
Zu diesem Thema habe ich kürzlich einige Gedanken formuliert, die ich hier einfüge, weil sie exemplarisch zeigen, wie Fehlentwicklungen korrigiert werden könnten.
Die nicht enden wollende Geschichte rund um das GZO-Spital
Diese Geschichte beschäftigt mich – nicht nur als Steuerzahler, sondern auch als potenzieller Nutzer des hervorragenden medizinischen Angebots. Mir ist die wirtschaftliche und soziale Bedeutung des Spitals für die Region bewusst. Ich sehe die Verantwortung gegenüber dem Personal, den Gläubigern und der Bevölkerung.
Was mich ärgert: Von Aussenstehenden hört man nur, was nicht möglich sei. Kaum jemand denkt laut über Lösungen nach. Dabei wäre es höchste Zeit, alles Mögliche zu unternehmen, um Substanz zu bewahren und Spekulanten fernzuhalten.
Persönliche Erfahrungen mit Spitalfragen
Mein Interesse an Spitalfragen ist nicht theoretisch. In meinem früheren Berufsleben war ich intensiv mit solchen Themen befasst – bis hin zu Spitalschliessungen und dem Entzug von Leistungsaufträgen durch die kantonale Gesundheitsdirektion. Besonders prägend war der Fall Richterswil. Dort stimmten die Stimmberechtigten dem Verkauf des Gemeindespitals an den anthroposophischen Paracelsus-Verein zu und verhinderten so den Verkauf an eine von zwei Krankenkassen gegründete Firma.
Ich erinnere mich gut an die Diskussionen mit dem damaligen Gesundheitsdirektor Peter Wiederkehr, an die gespaltene Ärzteschaft und an die emotional aufgeladene Stimmung in der Bevölkerung. Viele dieser Emotionen steigen jetzt wieder hoch, wenn ich sehe, wie das GZO-Spital langsam an Fehlentscheidungen zu zerbrechen droht. Das Schicksal des längst gestorbenen Gemeindespitals von Richterswil darf das viel bedeutsamere und grössere Wetziker Spital aber auf keinen Fall erleiden. Es ist mit seinem grossen Einzugsgebiet für eine ganze Region wichtig.
Verantwortung einfordern – aber zuerst handeln
Natürlich müssen die Verantwortlichen für das angerichtete Chaos eines Tages zur Rechenschaft gezogen werden. Doch jetzt ist nicht die Zeit für Rückblicke, sondern für konkretes Handeln. Ein neues Team ist am Werk und schafft Vertrauen. Es braucht aber auch kreative, unkonventionelle Denkansätze. Ein erster Schritt wäre die schnelle Ausgliederung des funktionierenden Spitalbetriebs, um danach für die Restsubstanz eine tragfähige Refinanzierung zu finden.
Warum nicht an Philanthropen denken?
Wenn man an Persönlichkeiten wie Hansjörg Wyss denkt, der bereits Milliardenbeträge für das Gemeinwohl gespendet hat, stellt sich die Frage: Wäre er – oder jemand mit ähnlichem Geist – bereit, dem GZO ein zinsgünstiges Darlehen mit langer Laufzeit und jährlicher Tilgungsrate zu gewähren?
Der Schweizer Hansjörg Wyss, der meines Wissens in Amerika lebt, hat übrigens einen engen Bezug zur Medizin. Seine im Jahr 1970 gegründete und im Jahr 2012 für annähernd 20 Milliarden US-Dollar an Johnson & Johnson übergegangene Firma Synthes war ursprünglich spezialisiert auf chirurgische Implantate und Instrumente und ist heute international führend in der Orthopädie und Traumatologie.
Neben Mäzenen könnten auch institutionelle Investoren und ein breit angelegtes Crowdfunding helfen, die Zukunft des Spitals zu sichern.
Neue Perspektiven: Forschung, Ausbildung, Humanität
Warum nicht noch weiterdenken? Das GZO könnte sich zu einem humanitären Zentrum entwickeln – betrieben etwa durch die Vereinten Nationen oder das Rote Kreuz, zur Versorgung von Kriegs- und Katastrophenopfern in neutralem Umfeld.
Oder es könnte zu einem Ausbildungsstandort werden: Regierungsrätin Silvia Steiner hat betont, wie dringend neue Ausbildungsplätze für Hausärztinnen und Hausärzte benötigt werden. Das GZO könnte daher als „Ausbildungsfiliale“ des Universitätsspitals Zürich fungieren und gleichzeitig die Grundversorgung im Zürcher Oberland sichern.
Die Gedanken sind frei
Ich kann altershalber nicht mehr aktiv eingreifen, nötigenfalls aber immer noch den Mahnfinger erheben. Mein Wunsch ist, dass wohlgemeinte Mahnungen wahrgenommen werden, damit Selbstüberschätzung, Fehlbesetzungen und Verantwortungslosigkeit künftig keinen Raum mehr finden.
Zur Wiedergutmachung der Schäden, die durch Unfähigkeit und unglückliche Umstände entstanden sind, sollte man auch utopische Ideen prüfen. Die Gedanken sind frei! Mit etwas Kreativität und Weitblick kann das GZO-Spital nicht nur überleben, sondern zu einem Leuchtturm für Versorgung, Forschung und Ausbildung werden – und zu einem Ort, an dem private Gesundheitsinitiativen gedeihen und auch Raum für manche Gesundheitspraxis vorhanden ist.
Schlussgedanke: Ein Ende der politisierten Verwaltungsräte
Abschliessend wünsche ich mir, dass der Unsinn, alles in Aktiengesellschaften mit politisch besetzten Verwaltungsräten zu verwandeln, endlich ein Ende findet. Der Schaden, den unfähige Verwaltungsräte anrichten können, ist viel zu gross. Zudem lässt sich das Vertrauen, das sie verspielen, kaum je wiederherstellen.
