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Welche Solidarität?

Der Historiker Thomas Maissen beklagt, die wohlhabende Schweiz wolle – anders als die wohlhabenden EU-Mitglieder – ihren Reichtum mit niemandem teilen. Mit der Kohäsionsmilliarde hätte unser Land zwar den Zugang zum Markt erkauft, mit „Nächstenliebe“ habe es indessen nichts zu tun. Man fragt sich nur, wie es sich denn beispielsweise bei Staaten wie Rumänien oder Bulgarien verhält. Wären sie auch dann überzeugte EU-Mitglieder, wenn sie aus eigener Kraft auf wirtschaftlichem Erfolgskurs stünden? Das „Pech“ oder vielmehr das Schicksal der Schweiz ist allem Anschein nach der Wohlstand. Hinzu kommt bestimmt auch noch die über viele Jahre gewachsene politische Stabilität und Sicherheit. Hier liegt ein weiterer Punkt, der skeptisch stimmen muss. Die EU als Bollwerk gegen den „russischen Aggressor“, das passt schlecht zur vermeintlichen Wirtschaftsgemeinschaft, als die sich die EU gerne gibt. Vielmehr geht es um eine Zementierung des alten Ost-West-Grabens, was nicht im Sinne einer auf Frieden fokussierten Politik sein kann.

Wer der Schweiz mehr Solidarität gegenüber der EU abverlangt, müsste vielleicht erst einmal definieren, was er damit genau meint. Zu oft wird der hehre Begriff verwendet und als Marker für gut und schlecht eingesetzt. Leicht könnte auch der Eindruck entstehen, Solidarität zu üben sei Pflicht der einen, sie zu empfangen jedoch Privileg der andern Seite. Doch es gibt kein Alleinrecht, wahrscheinlich überhaupt kein Recht, auf Solidarität. Es gibt keinen Deal, der über sie verfügen kann. Solidarität entsteht immer im Zusammenspiel von Einsicht und Entgegenkommen. Sie verdient ihren Namen nur, wenn sie nicht auf Berechnung, sondern auf Freiwilligkeit basiert. Solidarität in der Aussenpolitik ist Fiktion. Was innerhalb der eigenen Landesgrenzen womöglich existiert, wandelt sich auf internationaler Ebene leicht zur Farce, zur Alibiübung. Oder, wie im Falle der EU, zum empor stilisierten, hochgejubelten Markenzeichen. Tatsächlich geht es um die Tarnung anderer, nicht nur friedlicher Interessen und Absichten. Demonstrierte Solidarität zur Kaschierung von Machtansprüchen. Wer es nicht schafft, dagegen zu halten, macht besser mit. Auf dieses Wirkungsprinzip baut die EU, was bis anhin erstaunlich funktioniert hat. Auf Dauer nachhaltig kann es indessen kaum sein. Spätestens wenn die versprochene Chancengleichheit in greifbare Nähe rückt, wird die „organisierte Solidarität“ zu bröckeln beginnen. Alte, verheilt geglaubte Risse werden sich erneut öffnen. Freundschaften wie Feindschaften werden erneut aktiviert, unter Umständen mit veränderten Kräfteverhältnissen.

Maissen


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