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Ein Wannsee voller Tränen

Dass Männer niemals weinen, habe ich mir einst verinnerlicht. Für mich gilt dies, wie an dieser Stelle auch schon ausgeführt worden ist, längst nicht mehr. Einen solchen Vorsatz könnte ich ohnehin nicht mehr einhalten. Mit zunehmendem Alter werde ich immer sensibler und sentimentaler. Das zeigt sich auch, wenn ich fernsehe. Spannende Krimis meide ich, sobald Brutalität sichtbar wird. Für mein Gemüt ist die vielbelächelte Rosamunde Pilcher wesentlich zuträglicher. Das Wechseln der Fernsehkanäle beherrsche ich deshalb virtuos.

AuschwitzObwohl ich mittlerweile nahe am Wasser gebaut habe und äusserst empfindsam bin, erlaube ich mir nicht jede Flucht und jedes Ausweichen. Gewisse schreckliche Szenen mute ich mir ganz bewusst zu. Auch wenn ich es fast nicht ertrage, fühle ich mich zum Hinschauen verpflichtet. Was an der Wannseekonferenz abgemacht worden ist und alle Verbrechen, die vorher und nachher verübt worden sind, kann und darf ich nicht ignorieren. Ich muss alles wie auf einer riesigen Festplatte in meinem Kopf abspeichern und immer wieder weiterverbreiten. Das bin ich den Opfern und den Überlebenden der grauenhaften Nazizeit schuldig. Oft genug habe ich die berechtigte Forderung gehört, dass niemand je das Geschehene vergessen darf.

Jedes Mal, wenn ich mit den schrecklichen Kriegsverbrechen konfrontiert werde, empfinde ich das als seelische Qual. Dann wird mir aber sogleich auch bewusst, dass ich das Wort „Qual“ für mich gar nicht in Anspruch nehmen darf. Qualen, unbeschreiblich grosse, haben einzig die Opfer der Kriegsverbrecher erlitten. Meine schmerzlichen Empfindungen lassen sich mit deren Leiden sicher nicht vergleichen. Trotzdem schmerzt es sehr, dass das Rad der Zeit nicht zurückgedreht und das Schreckliche nicht ungeschehen gemacht werden kann. Es hilft uns aber, wenn wir ein Vermächtnis erfüllen, indem wir die Erinnerung wach halten. Wenn wir das traurige Wissen weitergeben und jede Art von aufkeimendem Hass bekämpfen, reichen wir allen Kriegs- und Verbrechensopfern symbolisch die Hand. In Gedanken verneigen wir uns in aller Demut vor ihnen. - Ich bin froh, dass ich auch als gestandener Mann meine Tränen nicht unterdrücken muss.


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