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Faktor 0.8

Bündner Baufirmen sollen mit illegalen Preisabsprachen Kanton, Gemeinden und Private um Dutzende von Millionen geschädigt haben. Dass dies passiert ist, überrascht mich nicht. Verwundert bin ich einzig über das öffentliche Erstaunen und den späten Zeitpunkt der Aufdeckung. Ich habe schon in den Sechzigerjahren als kaufmännischer Lehrling einer heute nicht mehr existierenden Churer Firma mitbekommen, wie das System funktioniert. Damals musste ich für Grossüberbauungen - auch für Schulhäuser - buchdicke Elektro-Offerten berechnen und abtippen, was oft mit entschädigungsloser Nacht- und Sonntagsarbeit verbunden gewesen ist. Zeitdruck war immer gegeben, denn die Angebote wurden in der Regel mit den wichtigsten Konkurrenten vorbesprochen und erst anschliessend rechtzeitig zum offiziellen Abgabetermin fertig gestellt. An einer klandestinen Koordinationssitzung ist jeweils der vorgesehene Auftragnehmer bestimmt worden. Die auserwählte Firma durfte - ausgehend von einem theoretischen Wert - mit Faktor 0.8 rechnen, während die Mitbewerber mit Faktor 1.0 bis 1.2 kalkulieren mussten. So liess sich die offizielle Auftragsvergabe absolut sicher und ohne Preiskampf steuern. Ähnliches habe ich später auch in anderen Branchen erlebt. Mein persönliches Rechtsempfinden würde solches Handeln längst nicht mehr zulassen. Was mir während der Lehrzeit beigebracht worden ist, habe ich anfänglich aber gar nicht in Frage gestellt. Das ist auch beim Thema Korruption so gewesen. Mich selbst konnte man im ganzen Leben zwar nie bestechen, doch habe ich in meiner Ausbildung vermittelt bekommen, dass man bestechliche Personen durchaus alimentieren dürfe. Rückblickend verstehe ich vieles nicht mehr. Ich staune nur noch über mich selbst, weil ich mir vor Jahrzehnten an einem an sich hervorragenden Ausbildungsplatz auch äusserst Fragwürdiges beibringen liess. Noch mehr staune ich aber über die neusten Schlagzeilen aus Graubünden, die von absoluter Ahnungslosigkeit berichten. Die Praxis der widerrechtlichen Preisabsprachen hat eine jahrzehntelange Tradition. Sie kommt wohl in den unterschiedlichsten Branchen und Regionen vor. Wer den Kopf wegdreht und wegschaut, kann nicht erstaunt sein. Er ist mitverantwortlich, und von Kavaliersdelikten darf er auch nicht sprechen. Allenfalls lässt sich - vermutlich aber nur noch für eine recht kurze Zeit - die Unschuldsvermutung geltend machen.


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