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Kandiszucker und Salz

Vor kurzem bin ich im Gespräch mit Freunden in Selbstlob verfallen, weil ich angeblich noch nie gestohlen und nur selten gelogen habe. Nachträglich hat sich jedoch eine Behauptung als Unwahrheit erwiesen.

Dass ich äusserst selten lüge, stimmt. Auf einen besonders guten Charakter kann man das jedoch nicht zurückführen. Ich profitiere einfach von einer Technik, die ich im frühen Kindesalter erlernt und in den zahlreichen Jahrzehnten meines bisherigen Lebens perfektioniert habe. Die Technik ist genial: Man formuliert im Bedarfsfall einfach alles missverständlich. Dann sagt man nichts Unwahres und erreicht ohne Lüge das rhetorische Ziel. Für allfällige Folgen ist man dann auch nicht verantwortlich. In der Politik gilt mein System längst als Goldstandard.

Immer hilft mir das missverständliche Formulieren allerdings nicht. Wenn ich an meine letzte Selbstbeweihräucherung zurückdenke, muss ich nämlich unumwunden eingestehen, dass ich entgegen meiner Aussage tatsächlich schon einmal gestohlen habe und dafür auch recht schwer bestraft worden bin.

Meine Straftat hat sich vor langer Zeit in einer ca 1950 entstandenen Küche ereignet, also in einem spartanisch eingerichteten Raum, den ich mir noch immer bildlich vorstellen kann. Den Steingut-Schüttstein mit seiner gewellten Abtropffläche, auf der das Geschirr mit einem auch sonst vielseitig verwendbaren Kantholz gesichert worden ist, halte ich rückblickend für das wichtigste Küchenelement. Den auf vier dünnen Beinen freistehenden Thermaherd kann ich aber auch nicht vergessen. Er hat sich bei mir ziemlich nachhaltig „eingeprägt“, weil er eine Zeitlang mein Lieblingsturngerät gewesen ist, bis ich bei meinen vermeintlichen Kunststücken einmal den ganzen Arm auf eine heisse Herdplatte gelegt habe.

Repräsentativ ist unsere kühlschranklose Küche nicht gewesen. Wir mussten uns mit einem kleinen Schrank für die „Kolonialwaren“ und einem einfachen Holztisch bescheiden. Etwas ist uns aber fast luxuriös erschienen. Es gab nämlich in unserer Küche noch ein eingebautes Buffet mit seltsam geformten Glasschubladen bzw. Glasschütten. Das ist in Kinderaugen eine wahre Schatzkammer gewesen. Mehl, Salz, Zucker und noch viel mehr hat in den Buffetschubladen Platz gefunden. In so einer Schublade bin ich eines Tages auf einen funkelnden Schatz gestossen. Man hat ihn Kandiszucker genannt. Seinem Anblick konnte ich nicht lange widerstehen. Deshalb bin ich zum Dieb geworden.

 Triologie

 

Leider ist mein Raubzug auf Mutters Schätze nicht unentdeckt geblieben. Ich bin in flagranti ertappt und unverzüglich brutal bestraft worden. Die Wohltat der Omertà sollte ich mir durch das Verzehren eines grösseren Salzklumpens erkaufen. Dem jugendlichen Dümmlig, der mir die Strafe als Preis für sein Stillschweigen auferlegt hat, und auch mir selbst sind die möglichen Folgen der von mir eingegangenen Verpflichtung nicht bewusst gewesen. Jedenfalls habe ich mich mit einem Suppenlöffel hinter Mutters Salzschale gemacht. Wenn ich mich daran erinnere, wird mir immer noch schlecht. Schlecht ist mir auch damals geworden. Das endlose Erbrechen hat mich aber vor grösseren Schäden bewahrt.

Salzlos lebe ich übrigens heute noch nicht. Ich weiss dafür, was es bedeutet, wenn einem die Suppe (bzw. der Kandiszucker) versalzt wird.


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